Hochglanz (Folge 279)

November 13, 2014

„Das waren noch Zeiten, als sich Backstuben in dunklen Kellern befanden“, sinniert Koni Bärtschi vor dem Eingang zur gläsernen Backstube der Bäckerei Hugendubl.
„Das ist die neue Transparenz. Deklarationen alleine reichen nicht mehr“, stellt Bäckermeister Hugendubl fest. „Wir machen auch Führungen durch die Produktion für Schulklassen und Kaffeefahrtgesellschaften. Gegen Aufpreis kann man mitten in der Backstube campieren und uns nachts bei der Arbeit zusehen.“
„Irgendwie ist das doch übertrieben. Wo das noch hinführt?“, meint Bärtschi skeptisch.
„Na ja, deswegen muss auch immer alles frisch und sauber aussehen. Die Mitarbeiter wechseln stündlich die Arbeitskleidung. Leider sind sie es aber noch nicht gewohnt, pausenlos freundlich zu sein und gute Laune zu haben, wie das früher nur im Café und im Laden nötig war.“
„Daran habe ich noch gar nicht gedacht“, gesteht Bärtschi.
„Nicht nur tadellos gepflegt müssen sie zur Arbeit erscheinen, auch die Ansprüche ans Aussehen steigen“, fährt Hugendubl fort.
„Ich habe gerade einem Konkurrenten die Miss Truffes 2011 abgeworben. Umsatzzuwachs im Confiseriesortiment 2,8 Prozent.“
„Ach.“
„Das ist Pablo. Er macht das beste Walliser Roggenbrot und hat’s in den neuen SBC-Kalender geschafft. Bread Boy Monat November.“

Die Kolumne “Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi” erscheint seit August 2008 wöchentlich im “Panissimo”, der Schweizer Wochenzeitung für Bäckerei, Konditorei und Confiserie. Im Buchhandel erhältlich: „Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi 1“ und Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi 2″, Wolfbach Verlag Zürich, 64 Seiten/Hardcover, CHF 8.50. http://www.thomas-braendle.ch


Marketing (Folge 268)

August 22, 2014

Bärtschi hat in Rom die Bekanntschaft eines echten Kardinals gemacht. Matteo Briatore ist im Vatikan der Verantwortliche für Marketingangelegenheiten. Am Abend haben sie sich drüben in Trastevere in einem Ristorante zum Essen getroffen.
„Und, wie gefällt es Ihnen in der Ewigen Stadt?“, fragt Briatore.
„Ganz ausgezeichnet, vielleicht …“
Briatores Handy klingelt. Er entschuldigt sich, nimmt den Anruf entgegen. Nach einem Si hört er lange zu.
„80 Millionen. Nein, kommt nicht in Frage“, sagt er schliesslich, hängt ab und schüttelt den Kopf.
„Da geht’s ja um ganz schöne Beträge“, anerkennt Bärtschi.
„Ach“, winkt Briatore ab. „Die Welt der Wirtschaft wird immer verrückter. Der Red-Bull-Konzern möchte, dass wir im Vater Unser ‚unser tägliches Brot‘ durch ‚unser tägliches Red Bull‘ ersetzen.“
„Das ist ein Scherz?“
Briatore schüttelt müde den Kopf. Das Handy klingelt erneut.
„200 Millionen?“, wiederholt er. „Nein, wirklich nicht.“
„Das ist ja unverschämt“, sagt Bärtschi, als Briatore das Mobiltelefon weggesteckt hat. „Wie kann man so ein Angebot machen!“
Briatore stimmt stumm zu, legt die Stirn in Falten. Das Handy schellt abermals.
„Eine halbe Milliarde?!“
Briatore pfeift durch die Zähne.
„Na gut, dann überprüfen Sie mal, wann der Vertrag mit dem Bäckerverband ausläuft.“

Die Kolumne “Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi” erscheint seit August 2008 wöchentlich im “Panissimo”, der Schweizer Wochenzeitung für Bäckerei, Konditorei und Confiserie. Im Buchhandel erhältlich: „Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi“, Wolfbach Verlag Zürich, ISBN 978-3-905910-13-1, 64 Seiten/Hardcover, CHF 9.50. http://www.thomas-braendle.ch


Berlinerisch (Folge 248)

Februar 28, 2014

Geschlossen? Das Café Kranzler geschlossen?“, sagt Koni Bärtschi entsetzt.
„Ja, wie auch das Café Möhring und das Opernhauscafé“, schimpft der ältere Herr mit Filzhut und Mantel. „Zwischen der Uhlandstrasse und dem Zeughaus lässt sich in Berlin nirjends mehr stilvoll ein Kaffee trinken.“
„Das ist ja traurig“, zeigt sich Bärtschi niedergeschlagen.
„In unserer Hauptstadt jrassiert der Mietzinswucher!“, lässt das kleine Männchen die nächste Tirade vom Stapel.
„Und jetzt? Wo gehen Sie denn jetzt Ihren Kaffee trinken?“, erkundigt sich Bärtschi.
„Janz sicher nicht in einer dieser 300 hirnlosen Lounge-Internet-Lattemacchiato-Yuppie-Stuben“, antwortet er mit der unverkennbaren Berliner Schnauze.
„Schon klar, aber wo … ?“
„Keine Angst, Herr Bärtschi, es gibt eine Alternative. Es hat Klasse und Tradition, ist typisch berlinerisch und für Immobilienhaie unerreichbar.“
„Tempelhof?“, fragt Bärtschi.
„Besser!“
„Das KaDeWe?“
„Viel besser! Kommen Sie mit.“
Zehn Minuten später haben sie das Ziel erreicht und trinken bald den ersehnten Kaffee.
„Klar, im Winter kann es kühl werden. Aber die Currywurst heizt tüchtig ein“, wiegelt Bärtschis Kaffeeführer ab und nickt dem Türken am Imbissstand freundlich zu.

Die Kolumne “Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi” erscheint seit August 2008 wöchentlich im “Panissimo”, der Schweizer Wochenzeitung für Bäckerei, Konditorei und Confiserie. Im Buchhandel erhältlich: „Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi“, Wolfbach Verlag Zürich, ISBN 978-3-905910-13-1, 64 Seiten/Hardcover, CHF 9.50. http://www.thomas-braendle.ch

Bärtschi.Titelbild


Applaus (Folge 246)

Februar 6, 2014

Koni Bärtschi ist in seine Lektüre vertieft. Er liest einen Artikel über eine neue Internetplattform, auf der Rezepte besprochen, ausgetauscht und bewertet werden können, als schallendes Geklatsche an sein Ohr dringt. Hinten im Café hat ein älterer Herr eben das Menü 2 serviert bekommen. Das Ganze wiederholt sich, als die Bedienung zuerst das Dessert, eine Rüeblitorte, dann den Milchkaffee und schliesslich die Rechnung an den Tisch des Kunden bringt.
Bärtschi beobachtet, wie inzwischen fast alle Gäste jeweils den Kopf schütteln und sich dann wieder ihren eigenen Dingen zuwenden.
„Darf ich fragen, was es mit Ihrem Klatschen auf sich hat?“, erkundigt sich Bärtschi, als der hoch gewachsene Mann mit dem stolzen Gang an ihm vorbei Richtung Ausgang geht.
„Na, wenn etwas gelungen ist, applaudiert man doch normalerweise?“, hält er entgegen.
„Schon, aber hier im Café ist das doch etwas ungewöhnlich.“
„Was denken Sie, wie ich mich jeweils gefühlt habe? Als wäre es reiner Zufall, wenn ich meine Swissair-Maschine in einem Stück auf die Landebahn aufgesetzt hatte. Als wäre ich ein Anfänger.“
„Verstehe“, entgegnet Bärtschi.
„Und seit ich pensioniert bin, mache ich das eben auch, zu meinem ganz persönlichen Vergnügen.“

Die Kolumne “Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi” erscheint seit August 2008 wöchentlich im “Panissimo”, der Schweizer Wochenzeitung für Bäckerei, Konditorei und Confiserie. Im Buchhandel erhältlich: „Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi“, Wolfbach Verlag Zürich, ISBN 978-3-905910-13-1, 64 Seiten/Hardcover, CHF 9.50. http://www.thomas-braendle.ch


Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi

November 14, 2013

Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi


Kaffeeklatsch mit Koni Bärtschi (Folge 1)

Februar 15, 2010

Wer ist Koni Bärtschi?

Meistens steht er unscheinbar vor dem Ladenkorpus, sieht sich ausgiebig die zum Kauf angebotenen Produkte an – so wie sich der Kunstkenner im Museum die Bilder und Skulpturen – oder sitzt unauffällig ganz hinten im Café, geniesst einen Eisbecher, freut sich an einem Stück Torte, trinkt eine hausgemachte, heisse Schokolade oder was sich sonst noch gerade so anbietet, liest konzentriert in der Zeitung, beobachtet zwischendurch die Gäste, Kunden, die Mitarbeitenden oder das Geschäftsehepaar – und macht Notizen. Koni Bärtschi vertreibt sich die Zeit in gemütlichen Cafés, Konditoreien, Bäckereien und Confiserien. Das macht er aus beruflichen Gründen, oder besser, aus berufenem Grunde. Der gelernte Bäcker-Konditor-Confiseur hat sein früheres Hobby zum Beruf gemacht. Er schreibt über das, was seine Berufskolleginnen und -kollegen so alles auf die Beine stellen. Koni Bärtschi ist ein Gastrokritiker für seine Branche. Nein, er ist der Kritiker für seine Branche. Jede Woche erlebt er Interessantes, Aufschlussreiches, Neuartiges und vor allem Komisches. Keine Patisserie, kein Nussgipfel, keine Brotkreation, keine Verkaufsszene, kein Stammtischgespräch, keine hübsche Verkäuferin, kein amüsantes Intermezzo, über das sich nicht zu schreiben lohnt. Das ist Koni Bärtschi. Seit August 2008 jede Woche im Panissimo, der Schweizer Verbandszeitung für Bäckerei, Konditorei, Konditorei.

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